Die Tücken bei der Übersendung von fristgebunden Schriftsätzen über das beA.

2202787 Service Account • 6. April 2023

Ein Rechtsanwalt hatte seine Berufungsbegründungsschrift über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das zuständige Berufungsgericht übermittelt und auch einen entsprechenden Sendebericht erhalten, der die ordnungsgemäße Zustellung bzw. den Eingang beim Berufungsgericht bestätigte.

Trotzdem konnte, wohl aufgrund des Umlautes „ü“ in dem Dateinamen, der Posteingang beim Berufungsgericht nicht verarbeitet werden.

 

Prompt wurde die Berufung, mangels ordnungsgemäßer Berufungseinlegung, als unzulässig vom Berufungsgericht verworfen. Trotz der auch zusätzliche vom Anwalt beigebrachten Nachweise über die ordnungsgemäße Versendung, wurde auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand vom Berufungsgericht abgelehnt.

 

Dieser Vorgehensweise erteilte der Bundesgerichtshof nun eine Absage.

 

Zunächst stellt der Bundesgerichtshof klar, dass der Anwalt auf einen fristgerechten Eingang der Berufungsbegründung vertrauen durfte, da er über sein beA eine automatisierte Bestätigung über den Eingang des Berufungsbegründungsschriftsatzes gemäß § 130 a Abs. 5 ZPO erhalten hatte (so bereits BGH, Beschluss v. 11.5.2021, VIII ZB 9/20).

 

Ferner weist der BGH darauf hin, dass es der Wirksamkeit des Eingangs der über das beA übersandten Dokumente nicht entgegenstehen kann, wenn die mangelnde Weiterleitungsfähigkeit einer Nachricht durch die Verwendung von Umlauten im Dateinamen – z.B. das „ü“ in dem Begriff Berufungsbegründung – entsteht. § 130 a Abs. 2 Satz 1 ZPO schreibe zwar vor, dass ein eingereichtes elektronisches Moment für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein muss. Die Geeignetheit zur Bearbeitung durch das Gericht sei aber ausschließlich nach den Regeln des Verordnungsgebers zu § 130 a Abs. 2 Satz 2 ZPO zu beurteilen (BGH, Urteil v. 14.5.2020, X ZR 119/18).

 

§ 2 der „Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach“ sieht nach der

Auslegung des Senats ein Verbot von Umlauten im Dateinamen aber gerade nicht zwingend vor. Im Umkehrschluss sei somit die Verwendung von Umlauten zulässig. Der fristgerechte Eingang eines solchen Dokuments könne daher nicht daran scheitern, dass der Gerichtsrechner (der gerichtsinterne Intermediär-Server) ein solches Dokument wegen eines Umlauts im Dateinamen nicht herunterladen oder lesen könne.

 

BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 25/20

Veröffentlichung:

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=VI%20ZB%2025/20&nr=129253

Verfahrensrecht/ ZPO/ beA

9. Januar 2025
Vorsicht bei Vorschäden am beschädigten Pkw. Ist ein Vorschaden während der Besitzzeit des Geschädigten eingetreten und verfügt dieser über entsprechende Werkstattrechnungen, aus denen der Vorschaden und dessen sach- und fachgerechte Behebung ohne weiteres nachvollzogen werden können, ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls nach § 119 Abs. 3 VVG dem gegnerischen Haftpflichtversicherer im Rahmen der Regulierung des Sachschadens nicht nur zur Auskunft bezüglich des Vorschadens, sondern auch zur Vorlage der entsprechenden Rechnungen verpflichtet. Kommt der Geschädigte dem nicht nach, fehlt es an einem Anlass zur Klageerhebung im Sinne des § 93 ZPO. Saarländisches OLG, Urteil v. 01.10.2024, 3 W 7/24 Veröffentlichung: https://recht.saarland.de/bssl/document/NJRE001587864
9. Januar 2025
Verletzungen bei einem Firmen-Fußballturnier stellen keinen Arbeitsunfall dar. Das Bundessozialgericht (BSG) entschied, dass ein Unfall bei einem firmeninternen Fußballturnier kein Arbeitsunfall ist. Die Teilnahme des Klägers erfüllte keine beruflichen Pflichten. Zum Zeitpunkt des Unfalls bestand weder Versicherungsschutz unter dem Aspekt des Betriebssports noch als gemeinschaftliches Firmenevent, da der Wettbewerb im Vordergrund stand und nur fußballbegeisterte Mitarbeiter angesprochen wurden. Die Teilnahme an einem Sportereignis begründet nicht automatisch Versicherungsschutz, nur weil die Firma es unterstützt und es in der Presse erwähnt wird. Solange es nicht aktiv als Werbeplattform genutzt wird, ist der Werbeeffekt rechtlich unerheblich. BSG, Urteil v. 26.9.2024, B 2 U 14/22 R Veröffentlichung: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bsg-b2u1422r-internes-fussballturnier-unfallschutz-verletzung-wettkampf
von 2202787 Service Account 9. Januar 2025
Prüfung der Geschäftsfähigkeit von Amts wegen. Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat es von Amts wegen nachzugehen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22. Juni 2022 - XII ZB 544/21, FamRZ 2022, 1556). BGH, Beschluss vom 09.10.2024 - XII ZB 289/24 Veröffentlichung: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=f58d356a9c189a0c18f5971cee57960f&Seite=10&nr=139966&anz=79106&pos=317
9. Januar 2025
Die Minderung des Vergütungsanspruchs nach § 634 Nr. 3, Fall 2, § 638 BGB schließt einen Kostenvorschussanspruch nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB wegen des Mangels, auf den die Minderung gestützt wird, nicht aus. In einer Grundsatzentscheidung hat der BGH klargestellt, dass im Werkvertragsrecht bei Mängeln des Werkes unterschiedliche Rechte des Bestellers nebeneinander stehen können. Allerdings schließt eine Minderung eine spätere Geltendmachung des großen Schadenersatzes verbunden mit einer Rückabwicklung des Vertrages aus. BGH, Urteil vom 22. August 2024 - VII ZR 68/22 Veröffentlichung: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=VII%20ZR%2068/22&nr=139117
9. Januar 2025
Wenn laut Arbeitsvertrag Ziele für eine erfolgsabhängige variable Vergütung vereinbart werden sollen, darf sich ein Arbeitgeber nicht vorbehalten, die Ziele ohne Verhandlung einseitig festzulegen. Eine entsprechende AGB-Klausel hat das BAG für unwirksam erklärt. Zielvorgaben als Voraussetzung für eine erfolgsabhängige Vergütung werden vom Arbeitgeber allein festgelegt. Zielvereinbarungen müssen dagegen von Arbeitgeber und Arbeitnehmenden einvernehmlich getroffen werden. Wegen der Unwirksamkeit einer entsprechenden Klausel, sprach das Bundesarbeitsgericht nunmehr einem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz zu. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Juli 2024, Az. 10 AZR 171/23 Veröffentlichung: https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/10-azr-171-23/
9. Januar 2025
Beweiswert einer E-Mail? Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock, spricht für den Zugang einer E-Mail auch dann kein Anscheinsbeweis, wenn der Absender die Versendung der Mail nachweisen kann. Insoweit ist der Empfänger nicht verpflichtet sein Posteingangsfach offenzulegen. Für den ordnungsgemäßen Zugang der Willenserklärung i. S. v. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Absender in vollem Umfange beweisbelastet. Für den Nachweis des Zugangs existiert im analogen Bereich die Möglichkeit einer vom Empfänger unterschriebenen Empfangsbestätigung (z. B. Einschreiben/Rückschein) oder der Zeugenbeweis durch den überbringenden Boten. Dem entspricht im digitalen Bereich die digitale Empfangs- oder Lesebestätigung . Mit deren Hilfe kann der Absender den Nachweis für den Zugang erbringen. Die Rechtsauffassung des OLG entspricht der bisher überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Hamm, Beschluss v. 10.8.2023, I 26 W 13/23; LAG Köln, Urteil v. 11.1.2022, 4 Sa 315/21). Der vereinzelt von anderen Gerichten vertretenen abweichenden Meinung (AG Frankfurt, Urteil v. 23.10.2008, 30 C 730/08) erteilte das OLG unter Hinweis auf die bestehenden technischen Unsicherheiten eine Absage. OLG Rostock, Beschluss v. 3.4.2024, 7 U 2/24 Veröffentlichung: https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/NJRE001570988
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