Arbeitsrecht - Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch im Yoga-Ashram
Das BAG kam in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin für den Verein aufgrund der getroffenen Vereinbarungen weisungsgebunden und in persönlicher Abhängigkeit erfolgte und damit die typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 611a Abs. 1 BGB aufgewiesen habe. Damit seien auch die gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn anwendbar.
Als Grundlage für die verweigerte Zahlungen berief sich der Verein auf einen Sonderstatus, d. h. das Grundrecht auf Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG. Das nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV (Weimarer Reichsverfassung) gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, dass Mitglieder einer Lebensgemeinschaft außerhalb gesetzlicher Arbeitsverhältnisse gemeinnützige Dienste an der Gesellschaft leisten. Dies hatte das BAG z. B. für christliche Klostergemeinschaften bereits anerkannt (BAG, Beschluss v. 21.2.2017, 1 ABR 62/12).
Das BAG gestand hier dem beklagten Yogaverein allerdings die Eigenschaft einer Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft nicht zu. Satzungsmäßiger Zweck des als gemeinnützig anerkannten Ashram-Vereins sei „die Volksbildung durch Verbreitung des Wissens, der Lehre, der Übungen und der Techniken des Yoga und verwandter Disziplinen sowie die Förderung der Religion“. Damit betreibe der Verein eine spirituelle Gemeinschaft mit dem Ziel der Verbreitung von Weisheitslehren, Philosophien und Praktiken aus Indien und anderen Kulturen, allerdings ohne eine eigene spezifische Weltanschauung.
Auch die grundgesetzlich geschützte Vereinsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) bietet keine Grundlage für die Aushebelung des Mindestlohns.
BAG, Urteil v. 25.4.2023, 9 AZR 253/22
Veröffentlichung:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/arbeitnehmerstatus-eines-vereinsmitglieds-im-yoga-ashram/