Vergütung eines anwaltlichen Verfahrenspflegers
39,00 € pro Stunde oder Abrechnung nach dem RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz)
Bestellt das Amtsgericht einen Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen in einem Verfahren, das die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Veräußerung von Grundbesitz des Betroffenen zum Gegenstand hat mit der Folge, dass der Verfahrenspfleger alle in dem notariellen Kaufvertrag enthaltenen Regelungen eingehend auf ihre Auswirkungen für die Betroffene zu untersuchen hat, so ist eine anwaltsspezifische Tätigkeit beauftragt, aufgrund derer der Verfahrenspfleger Anspruch auf Vergütung nach dem RVG hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der anwaltliche Verfahrenspfleger eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein juristischer Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2014 – XII ZB 111/14 –, Rn. 10, juris).
Demzufolge ist eine RVG-Vergütung geboten, wenn auf einen Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung zu prüfen ist, ob ein umfangreiches Vertragswerk dem Wohl des Betroffenen entspricht.
Insoweit kam das Landgericht Saarbrücken zu dem Ergebnis, dass ein durchschnittlicher, nicht juristisch vorgebildeter Mensch nicht wissen kann, wie sich die einzelnen Regelungen eines komplexen notariellen Grundstückskaufvertrages auf die jeweilige Vertragspartei auswirken und ob einer Partei nicht hierdurch, bezogen auf deren konkrete Situation, ein vermeidbarer Nachteil entsteht. Er weiß noch nicht einmal, wie notarielle Standardklauseln überhaupt aussehen. So ist beispielsweise das Rechtskonstrukt der Belastungsvollmacht nicht allgemein bekannt. Der gesunde Menschenverstand reicht zu einer sachgerechten Beurteilung nicht aus.
Folglich war der Verfahrenspfleger in dem entschiedenen Fall berechtigt, seine Vergütung auf Basis einer anwaltlichen Dienstleistung nach dem RVG abzurechnen.
Beschluss, LG Saarbrücken, 28.03.2022 - 5 T 100/22
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